Die Seelenstimme
Singen, das ist nicht nur Technik und auch nicht einfach Talent. Stimme und Atem verbinden uns mit unserem inneren SEIN, mit dem, was wir Seele nennen, mit dem ICH BIN, mit unserem spirituellen Körper.
Ich beschreibe die Wirklichkeit, die wir singend erleben können in drei Ebenen
Ganz außen liegt die äußere Sphäre. Auf der äußeren Sphäre lernst du die Techniken der Stimmbildung, der Songbearbeitung, Rhythmik, Harmonielehre, Intonation und so weiter. Du versuchst, die Techiken so gut du es kannst umzusetzen und ich helfe dir, sie stetig und zuverlässig zu verbessern. Dafür wähle ich Übungen und mit dir zusammen Songs, die dir gefallen und helfen. Deine physiologischen Voraussetzungen spielen dabei eine wesentliche Rolle. Du lernst den sängerischen Atem und die Atemverbindung mit der Stimme kennen. Was deine Stimmlippen und deine Atemmuskulatur noch nicht können kannst du noch nicht umsetzen, auch wenn du die Technik im Prinzip intellektuell verstehen würdest. Die Stimmbildung auf der physiologischen Ebene ist ein Prozess, der seine Zeit braucht.
Darunter/Dahinter liegt die psychologische Ebene mit all den Emotionen und Gefühlen, die du mit dem singen, deiner Stimme und deinem Prozess des Singenlernens verbindest. Auf dieser Ebene kann es manchmal ganz gut zur Sache gehen. Vielleicht musst du dich zu manchen Übungen überwinden, denn sie konfrontieren dich mit deinen Hemmungen und Ängsten. Du hast vielleicht Sorge, "hässlich" zu klingen, Töne nicht zu treffen, etwas "peinliches" von dir hören zu lassen und dich damit verletzbar zu fühlen. Du vergleichst dich vielleicht mit anderen, die es "viel besser können" oder gar mit deinen Stars. Aber auch Gefühle des Glücks, der Entspannung, der Freude liegen hier. Du freust dich, wenn du dein Lieblingslied singen kannst oder wenn du Lob bekommst, wenn du dich verbesserst und es auch merkst usw. Auf der psychologischen/emotionalen Ebene kann Gesangsunterricht manchmal fast eine Art Therapie sein, du wächst vielleicht in deiner Persönlichkeit und gewinnst an emotionaler Ausdrucksfähigkeit. Manche Songs lösen vielleicht starke Emotionen aus, da hat schon so manche SchülerIn auf einmal geweint. Der Kummer mit dem du in den Unterricht gekommen bist und den du gar nicht zeigen wolltest verschafft sich auf einmal Raum. Oder auch umgekehrt, wenn du dich mit Stress und schlechter Laune gerade so aufgerafft hast geht es dir nach dem singen, nach der Stunde schon wieder viel besser. Beim singen sind alle Emotionen willkommen. Und wenn es dir gelingt, sie in den Gesang einfließen zu lassen wirst du wundervolle Erfahrungen mit deiner Ausdrucksstärke machen können. Wenn dir das Angst macht frage dich gerne einmal, was dir in einem Konzert besonders gefällt, warum du Musik hörst und liebst? Es ist nicht die Perfektion, auch wenn wir sie bewundern. Es sind die Emotionen, die wir spüren wollen und von denen wir uns berühren lassen wollen.
Schon auf dieser Ebene begegnest du dir selbst in deiner Gesangsstimme. Die Stimme, das bist DU, sie ist ein wesentlicher, unverwechselbarer Ausdruck deiner Persönlichkeit, dein einzigartiges Instrument, das sich und damit dich von allen anderen unterscheidet.
Das ist schon ziemlich viel, ist aber noch lange nicht alles, denn es gibt eine weitere Ebene, die ich die spirituelle/seelische Ebene nenne. Das singen, deine Stimme, kann dich über die Emotionen hinaus führen in einen Bereich, der heilig ist. Hier erfährst du Flowzustände, Transformation, Bewusstseinserweiterung, Hingabe, Selbstauflösung, Furchtlosigkeit, Freiheit, Liebe. Deine Stimme/dein Gesang verbindet dich mit deiner Seele. Nicht mehr "Du" als Sängerin singst. Du bist hier keine "Technikerin" mehr und auch nicht von deinen Emotionen geleitet - auch wenn du sie weiterhin wahrnehmen kannst - sondern "es"/deine Essenz/deine Seele singt aus dir. Hier geht es um die Erfahrung deiner Ganzheit, deiner Wahrhaftigkeit. Du wirst gewissermaßen zu einem Medium. Die Technik spielt hier keine Rolle mehr, im besten Falle hast du gelernt, sie unbewusst zu nutzen. Die Gesangstechnik, die auf der äußerne Ebene so sehr im Vordergrund stand ist jetzt intuitiv vorhanden.Es gibt keine Vorplanung mehr, auch nicht, wenn du mit einem Duettpartner singst, der sich ebenfalls auf der seelischen Ebene befindet.
Auf der seelischen Ebene kann Gesang Heilkräfte entwickeln und tiefe Transformationsprozesse auslösen. Stimme und Atem sind eins, nicht umsonst sind gewisse Atemtechniken seit Jahrtausenden wesentlicher Bestandteil von Yoga, Tantra und allen spirituell/energetischen Methoden der Bewusstseinserweiterung. Der Klang und die Schwingung deiner Stimme kann Energien zum tanzen bringen. Es entsteht ein starkes Energiefeld, in dem du dich mit dir selber und deinen MitmusikerInnen befindest.
Du verbindest dich mit der Quelle mit "allem was ist" und kannst in diesem Energiefeld Heilung und Bewusstseinserweiterungen erfahren.
Du fragst nun vielleicht, in wieweit oder ob überhaupt solche Zustände Teil von Gesangsunterricht sein können? Denn tatsächlich befinden wir uns hier sehr weit außerhalb des Alltagsbewusstseins. Es braucht Bereitschaft, Offenheit, Vertrauen und auch Schutz, um sich darauf einlassen zu können. Es ist nicht alltäglich und kann nicht gekauft werden oder Teil eines Unterrichtsvertrages sein.
Es ist vergleichbar mit Yogaunterricht, der auch auf der äußeren Ebene vielleicht "nur" aus Körperübungen und ein paar Atemübungen besteht. Das schafft Entspannung und Wohlbefinden und öffnet die Räume in die emotionalen und auch weiter in die spirituellen Sphären. Aber eine normale Yogastunde - oder Gesangsstunde - hat nicht die "Erleuchtung" zum Ziel, wenngleich sie potentiell durch Yoga - oder Gesang - erfahren werden kann.
Wenn du bereit und offen dafür bist, wenn du eine Absicht setzt und doch absichtslos bleibst - was gar nicht so paradox ist, wie es klingt ;-) öffnet sich ein Tor und du kannst hindurchgehen, um verwandelt zu werden.... Vielleicht mit einem Duettpartner, in einer Bandprobe oder wenn du alleine zuhause singst oder in deinem Chor oder bei einem Auftritt....
Sei bereit für die Magie des Singens :-)